Im Porträt: Simon Diesch & Philipp Autenrieth (470er Männer)

Simon Diesch und Philipp Autenrieth
In einem Boot seit 2016: Simon Diesch und Philipp Autenrieth. Foto: DSV/Lars Wehrmann

Ein angehender Jurist und ein Bootsbauer mit BWL-Studium: Simon Diesch und Philipp Autenrieth bringen nicht nur beruflich ein breites Feld im Team erfolgreich auf einen Nenner.

„Wir ergänzen uns als Team optimal, haben dennoch ähnliche Prioritäten und dieselbe Basis“, sagt Steuermann Simon Diesch vom Württembergischen Yacht-Club . Der 26-Jährige Steuermann ist mit olympischem Glanz in der Familie aufgewachsen: Onkel Jörg Diesch segelte 1976 mit Simons Vater Eckart Diesch im Flying Dutchman auf dem kanadischen Ontariosee zum Olympiasieg. Woraus der Sohn heute Motivation schöpft und erklärt: „Mit einer Olympiamedaille in der Familie zuhause weiß man um die Faszination, die davon ausgeht. Aber auch um die Mühen, die damit verbunden sind.“

Simon Diesch hat seine Vereinsheimat am Bodensee, Vorschoter Philipp Autenrieth vom Bayerischen Yacht-Club seit vielen Jahren am Starnberger See. Zusammen bilden sie eine der erfolgreichsten olympisch segelnden Männer-Crews aus dem Süden der Republik, die in Regie von Bundestrainer Tytus Konarzewski trainieren. Viel zu verdanken hat Simon Diesch, der im Alter von fünf Jahren vor Seemos am Bodensee im Opti schnell besser segeln als schwimmen konnte, neben seiner intensiv segelnden und engagierten Familie seiner Jugendtrainerin Kathrin Röhner: „Sie hat für mich die Grundlagen geschaffen, so weit zu kommen, wie ich es heute bin. Mit ihr als Vereinstrainerin im Württembergischen Yacht-Club habe ich schon in jungen Jahren ganz viel Basiswissen mit auf den Weg bekommen und eine sehr gute regattaorientierte Grundausbildung genossen.“

Der fast fünf Jahre ältere Philipp Autenrieth, der im Alter von zehn Jahren im Revier des Segelclubs Füssen Forggensee vor den Bayerischen Königsschlössern im Optimisten seine Leidenschaft für den Segelsport entdeckte, wurde in seiner Jugend von namhaften Ausbildern wie George Blaszkiewitz, Zizi Staniul und Ilja Wolf begleitet und auch von seiner Familie intensiv unterstützt. Bruder Julian Autenrieth gewann 2006 die Weltmeisterschaft im Optimisten, Philipp Autenrieth segelte bei der Opti-WM 2005 auf Platz vier.

Der Sturm des 2016 neu formierten Teams an die deutsche 470er-Spitze gelang Simon Diesch und Philipp Autenrieth schnell. Nach starken Ergebnissen wie Platz sieben bei der Europameisterschaft in diesem Jahr aber müssen sie nun auch Kampfqualitäten beweisen, denn der Nationenstartplatz für Olympia 2020 ist bei den 470er-Männern auch wenige Monate vor den Spielen noch nicht gesichert.

Bilanz nach dem Corona-Jahr: „Wir sind besser geworden“

2018 und 2019 verpassten die deutschen 470er-Männer knapp die Olympiafahrkarte. Dann kam Corona und machte die Regattaplanung für eineinhalb Jahr zunichte. Der World Cup in Genua im April 2020, eigentlich letzte Olympia-Qualifikationsregatta für europäische 470er-Teams: abgesagt. Die Weltmeisterschaft auf Mallorca: wenige Tage vor dem Practice Race abgeblasen. „Das letzte Jahr war für alle Sportler, die auf das Nationenticket hinarbeiten, zermürbend“, sagt Philipp Autenrieth.

Nach der Absage der Weltmeisterschaft und der fluchtartigen Abreise aus Mallorca Anfang März 2020 verwandelte sich der Frust der deutschen 470er-Männer aber schnell in trotzige Energie. Erst in Kiel, später in Santander und auf Lanzarote schrubbten Diesch/Autenrieth und ihre Trainingspartner Winkel/Cipra unzählige Wasserstunden. Bundestrainer Trainer Tytus Konarcewski setzte auf große Trainingsumfänge und längere Blocks. „Wir sind besser geworden“, bilanziert Vorschoter Philipp Autenrieth das außergewöhnliche vergangene Jahr. Bei einer internationalen Trainingsregatten auf Lanzarote konnten sich Diesch/Autenrieth im Frühjahr unter den Top drei platzieren.

Eine Regatta entscheidet über den Traum von Enoshima

Nun gilt es, bei der Weltmeisterschaft alles in die Waagschale zu werfen. Nach der Absage der Semaine Olympique in Hyéres ist die WM für die deutschen 470er-Männer nicht nur die letzte Möglichkeit, das Nationenticket zu ersegeln; gleichzeitig entscheidet sich hier bereits das deutsch-deutsche Duell um die eine Olympiafahrkarte.

Simon Diesch und Philipp Autenrieth
Simon Diesch und Philipp Autenrieth lieben das olympische Segelrevier in Enoshima. Foto: DSV/Wecamz

Die Erfahrung aus dem vergangenen Jahr hilft Simon Diesch und Philipp Autenrieth, einigermaßen entspannt in die Regatta der Entscheidung zu gehen. „Einfach ruhig bleiben und zeigen, was wir können“, fasst Philipp Autenrieth das Mindset seines Teams zusammen; „wir sind vorbereitet.“

„Enoshima wird den Sportlern alles abverlangen“

Vor Augen haben die Süddeutschen Enoshima, ein Segelrevier, das beide lieben: „Es ist ein traumhaftes Revier mit allen Facetten, die der Segelsport bieten kann.“ Da wollen sie hin. Autenrieth ergänzt: „Das Revier wird den Sportlern alles abverlangen. Und damit meine ich wirklich alles, auf allen Ebenen: Fitness, Kopf, Taktik und Strategie, Umfeld, Klima, Organisation und mehr. Es ist ein super Segelrevier, in dem man nicht genug trainiert haben kann.“ Einen Medaillentipp für die deutsche Segelnationalmannschaft wollen sie nicht abgeben. Simon Diesch erklärt: „Spekulieren war als Jurist noch nie meine Leidenschaft. Jede einzelne Medaille ist eine eigene Sensation. Bei zweien sind dann wahrscheinlich alle aus dem Häuschen.“ Die Chance, selbst um olympisches Edelmetall kämpfen und der Medaillensammlung der Familie Diesch vielleicht eine weitere hinzufügen zu können, die wollen sie sich bei der anstehenden Weltmeisterschaft erarbeiten.

Steckbrief Simon Diesch

Position: Steuermann

Bootsklasse: 470er Männer

Geboren: 16. Februar 1995

Geburtsort: Tettnang

Wohnort: Deggenhausertal

Verein: Württembergischer Yacht-Club

Trainer: Tytus Konarzewski

Als Crew in einem Boot seit: 2016

Größe: 1,80 Meter

Gewicht: 65 Kilogramm

Beruf: Student der Rechtswissenschaften

Sponsoren: Develey Senf & Feinkost, Abus-Security, Ultramarin Meichle & Mohr, WYC, BYC, Musto, Julbo

Steckbrief Philipp Autenrieth

Position: Vorschoter

Bootsklasse: 470er Männer

Geboren: 13. September 1990

Geburtsort: Ulm

Wohnort: Augsburg

Verein: Bayerischer Yacht-Club

Trainer: Tytus Konarzewski

Als Crew in einem Boot seit: 2016

Größe: 1,82 Meter

 

Gewicht: 72 Kilogramm

Beruf: BWL-Student, Bootsbauer

Sponsoren: Develey Senf & Feinkost, Abus, Ultramarin, Bayerischer Yacht-Club