Das German Sailing Team im Corona-Lockdown: mit Online-Seminaren, eingeschränktem Wasser- und Athletiktraining durch die Krise

Die Corona-Krise hatte den Segelsport in den vergangenen Wochen im Griff. Für die Kaderseglerinnen und -Segler hieß das: Von 100 zurück auf 0. Regatten abgesagt, die Olympischen Spiele verschoben, Segeln verboten – so nutzte die Segelnationalmannschaft die Zeit.

Für alle kamen die Einschränkungen und Sperren plötzlich. Der Leistungssport wurde von einem Tag auf den anderen heruntergefahren.  „Ich habe die ersten Wochen erstmal zur Off-Season erklärt und den Frühling zu Hause in meiner Heimat genossen“, sagt Laser-Weltmeister Philipp Buhl (NRV/Segelclub Alpsee-Immenstadt).
Laser-Standard-Seglerin Svenja Weger vom Potsdamer Yachtclub nutzte die Zeit, „um an meinen physischen Defiziten zu arbeiten und die eine oder andere körperliche Baustelle mal wieder ein bisschen zur Ruhe kommen zu lassen. Ansonsten habe ich aber, sobald klar war, dass es dieses Jahr keine Olympischen Spiele geben wird, auch wieder deutlich mehr Zeit in die Uni investiert und viele Kurse belegt.“

Trotz Lockdown und Kontaktsperre war es für die Seglerinnen und Segler extrem wichtig sich fit zu halten. Unterstützung erhielten sie dabei von DSV-Athletiktrainer Hanspeter Lange. „Die Sportler mit weniger Trainingserfahrung haben individualisierte Heimpläne bekommen, während die erfahreneren Segler in enger Abstimmung mit mir ihre Trainingsziele individuell verfolgt haben. Dabei waren auch alternative Trainingsziele und Trainingsmittel erwünscht. So sollten einmal andere, abwechslungsreiche Trainingsreize gesetzt werden“, berichtet Lange.

470er Seglerin Anna Markfort hat sich ihr eigenes „Boot“ im Garten gebaut. Foto: Jennifer Mir

„Ich habe mich in den vergangenen Wochen auf meine körperliche und mentale Fitness fokussiert. Im Hinblick auf das Fitnesstraining habe ich ein wenig intuitiver gelebt und das trainiert, worauf ich gerade Lust hatte. Aus dieser Lust heraus habe ich mir mein eigenes „Boot“ im Garten gebaut und damit gearbeitet“, berichtet 470er-Seglerin Anna Markfort (Joersfelder Segel-Club).

Um die Zeit des Lockdowns bestmöglich zu nutzen und die Sportlerinnen und Sportler trotz Zwangspause und Kontaktsperre weiterzubilden, hat der DSV ein umfangreiches Online-Programm auf die Beine gestellt.
„Das Programm beinhaltete Einheiten aus Weiterbildungen, Gesprächsrunden und eSailing“, erklärt DSV-Sportdirektorin Nadine Stegenwalner. „Wir sind wirklich sehr froh und dankbar, dass unser Bundestrainer Oliver Freiheit und Marcus Lynch das so schnell umsetzen konnten.“

In den Weiterbildungseinheiten erhielten die Seglerinnen und Segler aus Olympia-, Perspektiv- und Nachwuchskadern sowie ihre Trainer Informationen zu Themen wie unter anderem Sportpsychologie, Kamagnenentwicklung, Technologiethemen, Wetter, Ernährung sowie Strategie und Taktik. In Praxiseinheiten simulierten die Teilnehmenden per Videokonferenz unter anderem Protestverhandlungen.

In der sogenannten Wednesday-Selection berichteten je zwei Sportler oder Trainer von ihren eigenen Erfahrungen im Leistungssport. Die zugeschalteten Seglerinnen und Segler sowie Trainer konnten dann live ihre Fragen stellen. „Das wurde wirklich gut angenommen“, berichtet Stegenwalner. „Einmal musste die Wednesday-Selection am Donnerstag fortgesetzt werden, weil das Interesse so groß war.“
Bis zu 60 Teilnehmer nahmen gleichzeitig an den Seminaren teil. Zusätzlich bestand die Möglichkeit, den Mitschnitt der Einheiten im Nachhinein noch anzusehen.„Das war und ist eine große Hilfe, sich zu verbessern und sich mit bestimmten Themen intensiver auseinander zu setzen. Auch der Kontakt zu den Teamkameraden und der Austausch mit den Trainern wurden durch Formate, wie der Wednesday-Selection aufrechterhalten. Ich denke, die Formate sollten wir auch in der Zukunft beibehalten und so den Sportlern in regelmäßigen Abständen neuen Content zum Selbststudium zur Verfügung stellen“, betont Anna Markfort.

Im Hintergrund arbeitete die Abteilung Leistungssport daran, dass die Seglerinnen und Segler schnellstmöglich wieder aufs Wasser durften. Anfang April erhielten Bundeskadersportler eine Ausnahmegenehmigung für das Wassertraining. Seit Anfang Mai darf zudem auch der Athletikraum unter Beachtung strenger Hygiene- und Kontaktregeln wieder genutzt werden.

„Sowohl das Wassertraining als auch die Nutzung des Trainingsraums sind stark reglementiert. Zum Beispiel ist vorher eine Anmeldung zur Nutzung notwendig, um zu gewährleisten, dass die Abstands- und Hygieneregeln eingehalten werden können“, erklärt Nadine Stegenwalner. „Bundesstützpunktleiter Hendrik Ismar hat die Koordination übernommen und für einen reibungslosen Ablauf gesorgt“, so Stegenwalner weiter.

Im Hintergrund liefen am Bundestützpunkt Kiel Beratungen dazu, welche Anpassungen in den einzelnen Disziplinen vorgenommen werden müssen und wie mit der Kaderberufung umgegangen werden könnte, sollten weitere Events in der Saison 2020 ausfallen.

Zeitgleich startete im Mai auch das Projekt 470 Mixed mit Blick auf die Olympischen Spiele 2024. Als Trainer für die neue olympische Disziplin konnte der DSV den Briten Steve Lovegrove gewinnen, der bereits bei der Aufstellung der britischen Nacra17 Mixed-Teams mitgewirkt hat, selbst erfolgreich olympisch gesegelt ist und viele Jahre unter anderem als 470er Trainer im britischen Team gearbeitet hat.