Vier Medaillenhoffnungen für das German Sailing Team am siebten Tag der Olympia-Regatta

Das German Sailing Team beendete den siebten Tag der Olympia-Regatta vor Enoshima mit Medaillenhoffnungen in vier Disziplinen. Zuletzt hatte sich eine deutsche Segelnationalmannschaft bei den Olympischen Spielen in Sydney 2000 so viele Chancen auf Kurs Finale erkämpft.

DSV-Sportdirektorin Nadine Stegenwalner sagte am Abend im Olympiahafen: „Unsere Teams schlagen sich ganz hervorragend. Dass wir so viel Positives aus Enoshima berichten können zeigt, dass wir in den vergangenen Jahren wirklich richtig gute Schritte nach vorne gemacht haben.“ Nachdem Laser-Weltmeister Philipp Buhl bereits am Vortag seinen Endlauf mit einer starken kämpferischen Leistung erreicht hatte, zogen am Samstag auch die deutschen Skiff-Teams in die Medaillenrennen ihrer Flotten am 2. August ein.

„Wir waren heute mutig“

Tina Lutz Susann Beucke Olympia
Tina Lutz und Susann Beucke haben sich heute auf Medaillenposition gesegelt.

Die besten Medaillenchancen erarbeiteten sich die 49erFX-Seglerinnen Tina Lutz und Susann Beucke (Chiemsee Yacht-Club/Norddeutscher Regatta Verein). Das Duo aus Bayern und Norddeutschland glänzte in der Sagami-Bucht mit den Einzelrängen 7, 3 und 3 und positionierte sich vor dem Finale auf Platz drei. Dabei gelangen Tina Lutz und Susann Beucke vor allem die Starts, die sie sich vorgenommen hatten. „Tina ist heute mega aggressiv in die Starts gegangen“, berichtete Vorschoterin Susann Beucke nach den Rennen begeistert.

Tina Lutz Susann Beucke Olympia
Während viele Top-Teams in den Leichtwind-Bedingungen Probleme hatten, zogen Tina und Susann vom Start weg durch. Foto: Sailing Energy/World Sailing

Mit 20 Zählern Rückstand auf die Spitze in den Tag gestartet, wendeten die Skiffseglerinnen das Blatt rechtzeitig vor dem Showdown zu ihren Gunsten. Nur drei Punkte Rückstand haben Lutz/Beucke (73 Punkte) zu den punktgleich an der Spitze liegenden niederländischen Spitzenreiterinnen Annemiek Bekkering und Annette Duetz sowie den brasilianischen Olympiasiegerinnen von 2016, Martine Grael und Kahena Kunze (jeweils 70 Punkte). Damit müssten die deutschen Skiffseglerinnen im doppelt gewerteten Medaillenrennen am 2. August zwei Plätze auf die vor ihnen liegenden Teams aufholen, wollen sie die Rivalinnen im Kampf um die Medaillen noch schlagen. „Wir haben heute wirklich alles gegeben, was wir hatten“, sagte Steuerfrau Tina Lutz, „und genau das werden wir auch im Finale tun.“ Der Weg dahin könne nur darüber führen, so die 30-Jährige, „dass man die Gedanken an eine Medaille aus dem Kopf verbannt“. Wie ihre Teamkameraden, haben auch Lutz und Beucke in der ersten Woche der Olympia-Regatta erfahren, wie kompliziert und fordernd das Olympiarevier mit seinen oft unbeständigen und schwer zu lesenden Bedingungen sein kann. Das Motto fürs Finale gab Susann Beucke vor: „Wir waren heute mutig und müssen im Medaillenrennen noch einmal genauso mutig sein.“

„Es wird ein enger Kampf“

Heil Plößel
Erik Heil und Thomas Plößel haderten mit einem schlechten Start, aber gehen als Vierte ins Finalrennen. Foto: Sailing Energy/World Sailing

Das gilt auch für die Skiff-Männer. Erik Heil und Thomas Plößel (Norddeutscher Regatta Verein) sicherten sich an einem erneut umkämpften Tag mit drei Rennen auf der Bahn „Fujisawa“ am Ende der Hauptrunde Platz vier. Zwar hätten die gebürtigen Berliner gerne auf den einen Vorstart-Patzer in der vorletzten Wettfahrt verzichtet, der ihnen im Ziel Rang 14 beschert hatte, doch die Bronzemedaillen-Gewinner der Olympischen Spiele von Rio wahrten ihre Medaillenchancen: Mit 66 Punkten haben sie zehn Punkte Rückstand auf die punktgleich auf dem Silber- und Bronzerang liegenden Briten Dylan Fletcher/Stuart Bithell und die Spanier Diego Botín Le Chever und Iago Lopez Marra. Als Spitzenreiter vor der Entscheidung auf Kurs „Enoshima“ haben die neuseeländischen Top-Favoriten Peter Burling und Blair Tuke 14 Punkte Vorsprung vor Heil/Plößel. „Ich bin stolz auf unser Team und darauf, dass wir das Finale in Medaillenreichweite bestreiten können“, sagte Vorschoter Thomas Plößel am Abend in Japan. „Wir haben heute einen unnötigen Fehler gemacht, der nervt. Aber wir sind noch da und die Bronzemedaille von Rio wird helfen. Vor fünf Jahren haben wir im Finale zittrig auf dem Boot gestanden. Das wird uns nicht noch einmal passieren.“

Beide Skiff-Finals versprechen für den 2. August Hochspannung. Ebenso wie das Medaillenrennen mit Philipp Buhl, das am Sonntag ab 14.30 Uhr japanischer Zeit auf dem TV-Kurs „Enoshima“ ausgetragen wird. Dort geht es nach dem vorzeitigen Olympia-Sieg des Australiers Matthew Wearn um Silber und Bronze. Um die Medaillen will auch Philipp Buhl kämpfen. „Ich bin einfach happy, dass ich das Medal Race erreicht habe, freue mich, dass ich das letzte Rennen so gut gesegelt habe und werde morgen mit vollem Risiko angreifen. Was für mich spricht, ist, dass ich weniger Druck habe als die vor mir liegenden Segler. Es wird ein enger Kampf!“

„Es macht richtig viel Spaß“

Kohlhoff Stuhlemmer
Zwei glückliche Kieler in Japan: Kohlhoff/Stuhlemmer drei Rennen vor Quali-Ende auf Platz 3 im Nacra 17. Vorschoterin Alica Stuhlemmer sagte: „Wenn mir vorher jemand gesagt hätte, dass ich so meine ersten Tage bei den Olympischen Spielen verbringe, dann hätte ich das genommen!“

Den erfolgreichen Samstag in der Sagami-Bucht machten Paul Kohlhoff und Alica Stuhlemmer (Kieler Yacht-Club) komplett. Der 26-jährige Steuermann und seine erst 21-jährige Vorschoterin hielten auch in leichten Winden, was sie an den Vortagen versprochen hatten, und segelten auf die Plätze drei, zwei und acht. Damit liegt das Duo drei Rennen vor dem Finale auf Gesamtrang drei.

Auf die Tragflächen kam der Mixed-Katamaran in den leichten Windbedingungen heute nur teilweise. „Wenn wir nicht foilen, segelt unser Boot wie ein normaler Katamaran – mit dem Unterschied, dass wir unter Wasser große gebogene Foils haben“, erklärt Alica Stuhlemmer die Herausforderung bei Leichtwindbedingungen. „Das Boot ist dann tendenziell langsamer als jeder Katamaran mit geraden Schwertern. Das bedeutet, dass wir sowohl am Wind als auch vor dem Wind noch vorsichtiger sein müssen in den Manövern, weil jede unnötige Bewegung auf dem Boot die Strömung stört und uns langsam macht.“

Für sie und Steuermann Paul Kohlhoff sei es im Vorfeld sehr schwer abzuschätzen gewesen, „wozu wir hier imstande sein können, weil wir viele Teams über einen sehr langen Zeitraum nicht gesehen haben“, so Alica Stuhlemmer. „Wenn mir vorher jemand gesagt hätte, dass ich so meine ersten Tage bei den Olympischen Spielen verbringe, dann hätte ich das genommen. Es macht richtig viel Spaß zu segeln!“

Die nächsten olympischen Termine für das German Sailing Team:

1. August: Philipp Buhl steht als Gesamt-Vierter im Finale der zehn besten Lasersegler und kämpft um eine Olympia-Medaille. Die Skiff-Akteure pausieren vor ihrem Medaillenrennen am 2. August. Die Mixed-Katamaran-Crews im Nacra 17 und die deutschen 470er-Frauen setzen ihre Regatta fort.

2. August: Die Skiffsegler und -seglerinnen in den Disziplinen 49er und 49erFX tragen ihre Medaillenrennen aus. In beiden Finalläufen kämpfen mit Tina Lutz/Susann Beucke und Erik Heil/Thomas Plößel deutsche Teams um Medaillen. Gleichzeitig tragen die 470er-Flotten ihre letzten beiden Rennen vor ihren Finalläufen am 4. August aus.

3. August: Neben dem Finn-Finale (ohne deutsche Beteiligung) steht das Medaillenrennen der Nacra-17-Flotte auf dem Programm. Als aktuell Dritte segeln Paul Kohlhoff und Alica Stuhlemmer bislang souverän ihrem ersten olympischen Finale entgegen.

Alle Ergebnisse finden Sie hier: https://tokyo2020.sailing.org/results-centre/