Die Erfahrenen: Nadine Böhm & Ann-Christin Goliaß (470er F)

Nadine Böhm und Ann-Christin Goliaß
Spaß am Segeln im Olympiarevier: Nadine Böhm und Ann-Christin Goliaß. Foto: DSV/Wecamz

Respektvoll und loyal im Umgang miteinander, Dritte der Europameisterschaft 2018, Sechste der EM 2019 und zusammen für den Deutschen Touring Yacht-Club im Einsatz: Nadine Böhm und Ann-Christin Goliaß sind die erfahrensten 470er-Seglerinnen im aktuellen Kader des German Sailing Teams, sitzen seit 2013 in einem Boot und trainieren in Regie von Marek Chocian.

Die 1,70 Meter große Steuerfrau und ihre 1,76 Meter große Vorschoterin sind eine von mindestens vier deutschen Zweihand-Jollen-Crews, die um eine Fahrkarte zur olympischen Regatta 2020 kämpfen. Der Nationenstartplatz für ihre Disziplin ist bereits gesichert, die nationale Ausscheidung und die Erfüllung der Qualifikationskriterien stehen noch aus. Nadine Böhm ist schon im Alter von vier Jahren auf dem Forggensee auf dem Dart ihres Papas mitgesegelt. Weil sie so klein war, dass es für sie damals noch keine Trapezhose zu kaufen gab, hat die Oma ihr eine genäht. In den Optimisten stieg Böhm als Sechsjährige um.

Ihre Crew-Kameradin und gute Freundin Ann-Christin Goliaß war im Alter von sechs Wochen erstmals mit den Eltern auf einem Schiff von Freunden auf der Ostsee unterwegs, hat später im Optimisten die ersten eigenen Segelschläge gemacht. Böhms Laufbahn haben neben Familie und Freunden vor allem Trainer wie Peter Schäfer und Georg Blaschkiewitz, später im 470er gemeinsam mit Goliaß auch Udi Gal und Robert Remus geprägt. „Ohne diese beiden wären wir mit Sicherheit nicht dort, wo wir sind“, sagt Böhm, die vor einigen Jahren eine Bandscheiben-Operation wegzustecken hatte. Dabei wurde sie vom Ärzteteam um den Sportmediziner und FC-Bayern-Mannschaftsarzt Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt entscheidend unterstützt. „Ohne sie könnte ich nicht mehr den Segelsport ausüben, den ich so sehr liebe.“

Alleine segeln? „Das ist mir definitiv zu langweilig!“

Nadine Böhm und Ann-Christin Goliaß
Auf dem Wasser ein gutes Team und auch privat gute Freundinnen. Foto: DSV/Lars Wehrmann

Eine Teilnahme an den Olympischen Spielen beschreiben beide Athletinnen als ihren Kindheitstraum. Ihr Ziel haben sie hoch gesteckt. Böhm sagt: „Wir möchten eine olympische Medaille gewinnen, wenn möglich sogar die vorerst letzten Goldmedaillen-Gewinnerinnen im 470er-Frauenbereich werden.“ Ihre leichte Startschwäche wollen Nadine und Ann-Christin in den kommenden Monaten in den Griff bekommen. Beide genießen das Segeln im 470er, weil es „ein wunderschönes Boot ist“ (Böhm). Die Frau an der Pinne sagt, der 470er erfordere eine Menge Erfahrung. „Es gibt so viele Dinge, die man an einem Boot verstellen kann und es ist möglich, den 470er sehr speziell auf sich und das Team einzustellen.“ In der Gewichtung seien Taktik und Speed jedoch ähnlich wichtig. Alleine würde keine der beiden Crew-Kameradinnen segeln wollen. „Das ist mir definitiv zu langweilig!“, sagt Goliaß, „ich liebe den 470er aufgrund seiner Trimmvielfalt und der athletischen Komponente durch die neue Regelung des freien Pumpens, wobei es taktisch dennoch anspruchsvoll geblieben ist.“

Zur Entspannung besucht Nadine Böhm, die am Bundesstützpunkt Segeln in Kiel-Schilksee trainiert und auch im Norden lebt, am liebsten ihre Familie in Bayern oder geht mit Freunden Kaffee trinken. Ann-Christin Goliaß setzt zur Erholung auf Schlaf, weiß aber auch, „dass ein Tag am Strand in der Sonne nie schadet“ und holt sich gerne Anregung aus dem Afremow-Werk „A Champion`s Mind“.

„Du musst Dir schon selbst Konfetti ins Leben pusten!“

Nadine Böhm sagte, sie habe viel Inspiration aus André Agassis Biographie „Open“, „The Inner Game of Tennis“ und „Stillpower“ geschöpft. Ihr Lebensmotto: „Du musst Dir schon selbst Konfetti ins Leben pusten!“ Das wollen Böhm und Goliaß auf ihrem Kurs Tokyo tun. Idealerweise, indem sie dabei auch das Motto von Ann-Christin Goliaß umsetzen, die es wiederum bei CrossFit-Trainerin Katrín Tanja Davídsdóttier aufgeschnappt hat: „Be the best me.“

Das künftige Olympia-Revier liegt den 470er-Seglerinnen. Böhm beschreibt es als „schön, aber auch sehr anspruchsvoll und facettenreich“. Man könne alle Windstärken und Wellenbilder bekommen. „Einbahnstraßen-Segeln“ sei eher nicht zu erwarten. Goliaß ergänzt: „Welle, Schwell, Strom und dann noch die Hitze – die machen das Revier sehr anspruchsvoll. Zudem sind die einzelnen Kurse sehr unterschiedlich. Aber das macht die Regatta auch erst interessant.“

Der Medaillentipp der Münchner VWL-Studentin Böhm und der in Herne geborenen BWL-Studentin Goliaß fällt für Olympia 2020 für die DSV-Flotte optimistisch aus: Drei bis vier Medaillen trauen sie der Segelnationalmannschaft im kommenden Jahr in Enoshima zu. 

Steckbrief Nadine Böhm

Bootsklasse: 470er Frauen

Position: Steuerfrau

Geboren: 5. Juli 1992

Geburtsort: München

Wohnort: Kiel

Verein: Deutscher Touring Yacht-Club

Trainer: Marek Chocian

Als Crew in einem Boot seit: 2013

Größe: 1,70 Meter

Gewicht: 58 Kilogramm

Beruf: VWL-Studentin

Wichtige Partner: Deutscher Touring Yacht-Club, diverse Personen

Steckbrief Ann-Christin Goliaß

Bootsklasse: 470er Frauen

Position: Vorschoterin

Geboren: 14. Januar 1991

Geburtsort: Herne

Wohnort: Kiel

Verein: Deutscher Touring Yacht-Club

Trainer: Marek Chocian

Als Crew in einem Boot seit: 2013

Größe: 1,76 Meter

Gewicht: 65 Kilogramm

Beruf: BWL-Studentin

Wichtige Partner: Deutscher Touring Yacht-Club, diverse stille Personen im Hintergrund