Vom 9. bis 16. Juli findet in Marseille das „2024 Paris Test Event“ für alle olympischen Segeldisziplinen statt. Pro Nation und Disziplin ist nur ein Team oder eine Athletin/ein Athlet am Start. Wir stellen die Regatta und die Erwartungen des deutschen Teams vor.
Spannung und Vorfreude auf das Test Event: Lies hier, was unserer Athletinnen und Athleten sagen
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Segeln ist eine von drei olympischen Sportarten, für die im Vorfeld der Sommerspiele 2024 ein Test Event durchgeführt wird. Auch für Triathlon und Mountainbiking gibt es Probeläufe. Diese Testveranstaltungen sind nicht identisch mit den eigentlichen Wettbewerben bei Olympia. Sie dienen vielmehr dazu, Prozesse zu erproben und zu optimieren, um einen reibungslosen Ablauf bei den Spielen in diesen komplexen Sportarten sicherzustellen.
Erfahrungen im Revier vor Marseille sammeln, die Konkurrenz beobachten, aber auch schon jetzt olympia-spezifische Besonderheiten an Land und auf dem Wasser erleben – darum geht es während des Test Events konkret für die die Seglerinnen und Segler, aber auch für das Trainer- und Supportteam. Andreas Spranger, Vorschoter im 49er, berichtet: „Wir leben hier mit dem gesamten deutschen Team in einem Hotel, befinden uns in einem speziellen Hafen, und es gibt strengere Vorschriften, was man in den Hafen mitnehmen darf. Es gibt einen Sicherheits-Check und eine Akkreditierung.“ Zudem ist die Anzahl der Trainerboote pro Nation beim Test Event begrenzt, und die Coaches haben nicht den gewohnten Zugang zu technischem Equipment auf dem Wasser.
Die Teilnahme am Test Event verschafft den Athletinnen und Athleten für die olympischen Regatten in gut einem Jahr einen Erfahrungsvorsprung. Dennoch bedeutet die Teilnahme am Test Event nicht automatisch eine Qualifikation für die Spiele. Beispielsweise traten 2019 im 49er Justus Schmidt und Max Boehme sowie im 49er FX Victoria Jurczok und Anika Lorenz an, wurden aber später in der nationalen Ausscheidung von Erik Heil und Thomas Plößel beziehungsweise Tina Lutz und Susann Beucke geschlagen.
Das Zentrum des Test Events und der olympischen Regatten 2024 ist das Stade Nautique du Roucas Blanc im südlichen Teil der zweitgrößten französischen Stadt Marseille. Dort wird eine komplett neue Infrastruktur für die Segelwettbewerbe aufgebaut. Die Bauarbeiten sind recht gut vorangeschritten, wie Nadine Stegenwalner, Sportdirektorin des DSV, berichtet: „Hier beim Test Event fühlt es sich weniger wie eine Baustelle an als in Rio. Es fehlt aber auch noch einiges, was während der Olympischen Spiele bereitgestellt werden muss, wie zum Beispiel eine Mensa.“ Während des Tages gibt es keinerlei Verpflegung in der olympischen Marina – eine echte Herausforderung, für die kurzerhand eine pragmatische Lösung gefunden wurde: Frithjof Schade, der Referent für Leistungssport, bereitet in dem Teamcontainer im nur zehn Minuten entfernten Yacht Club Pointe Rouge Lunch für das komplette deutsche Team zu und bringt es dann in die olympische Marina. Er ist ein exzellenter Koch und versorgte bereits die deutschen Bundestrainer bei den Spielen in Japan. Sein spontaner Einsatz ist auch beim Test Event gefragt und beim gesamten Team sehr beliebt.
In den kommenden Tagen verbringen die Sportlerinnen und Sportler so viel Zeit wie möglich auf dem Wasser und richten sich im Olympia-Hafen ein. Am 9. Juli starten dann die ersten Klassen mit ihren Regatten, für den 14., 15. und 16. Juli sind die Medal Races geplant.
Im deutschen Team herrscht vor dem Test Event eine freudig-gespannte Stimmung. Malte Winkel, Steuermann im 470er, bringt es auf den Punkt: „Ich freue mich total auf das Rennen gegen die anderen Top-Leute. Diese hochkarätige Regatta zusammen mit dem Umfeld hat etwas Besonderes, das ich schwer beschreiben kann… Es schafft eine ganz besondere Motivation.“
Übersicht: das deutsche Team beim Olympic Test Event
ILCA 6: Julia Büsselberg
- Alter: 23 Jahre
- Verein: Verein Seglerhaus am Wannsee
- Trainer: Thomas Piesker
„Ich bin super stolz und glücklich, mir den deutschen Startplatz für das Olympische Test Event im ILCA6 gesichert zu haben. Es ist etwas Besonderes, wenn pro Land nur eine Sportlerin an den Start gehen darf. Das Starterfeld ist dadurch deutlich kleiner als bei anderen Events. Marseille hat eine große Bandbreite an Bedingungen. Ich hoffe, dass von allem etwas dabei sein wird und ich zeigen kann, dass ich mit meinem Team auf dem richtigen Weg bin. Jetzt freue ich mich auf die nächste Woche und darauf, ganz viele Erfahrungen fürs nächste Jahr zu sammeln.“
ILCA 7: Nik Aaron Willim
- Alter: 26 Jahre
- Verein: Norddeutscher Regatta Verein
- Trainer: Alexander Schlonski
„Marseille ist auf dem Weg zur WM ein guter Test, um nochmal volle Wettkampfbereitschaft zu zeigen. Hierher fahren zu dürfen, nach vielen Jahren Arbeit und vielen Momenten, in denen ich fast aufgehört hätte, das bedeutet für mich eine große Belohnung, ein großes Happening. Auf dem Revier fühle ich mich relativ wohl. Es ist spannend, hat aber auch seine Tücken.
Als deutsche Nationalmannschaft aufzutreten finde ich cool. Das hatte ich das letzte Mal als Teenager bei der ISAF-Jugend-WM. Mein Ziel: mich zu fokussieren, 100 Prozent zu pushen und das Beste aus mir herauszuholen. Und dann kommt es so, wie es kommen soll.“
iQFOiL Männer: Sebastian Kördel
- Alter: 32 Jahre
- Verein: Norddeutscher Regatta Verein
- Trainer: Dom Tidey
“Das Test Event ist für mich besonders wichtig, weil ich in meiner Karriere bisher noch keine Olympiaerfahrung sammeln konnte. Eine bessere Vorbereitung gibt es nicht. Wir sind am gleichen Ort und zur gleichen Zeit wie die Spiele nächstes Jahr und fahren unser Rennen mit einem sehr vergleichbaren Fahrerfeld und im gleichen Format. Ich freue mich wirklich darauf, diese Erfahrung zu machen! Zusätzlich finde ich es schön, dass das deutsche Team stark vertreten ist, da kommt eine besondere Atmosphäre auf.“
470er: Malte und Anastasiya Winkel
- Alter: 30 und 29 Jahre
- Verein: Schweriner Yacht-Club, Norddeutscher Regatta Verein
- Trainer: Steve Lovegrove
„Uns bedeutet die Teilnahme am Test Event extrem viel. Wir haben uns in der Quali gegen die harte nationale Konkurrenz durchgesetzt – ein ganz großer Meilenstein für uns.
Hier im Olympiarevier in kleinen Feldern zu segeln ist die optimale Vorbereitung für die Spiele im nächsten Jahr. Und natürlich wollen wir auch beim Test Event eine Medaille holen!
Das Revier finden wir richtig nice. Es sind unsere Bedingungen: meistens Flachwasser oder nur eine kleine Chop-Welle, überwiegend leichterer Wind. Und auch bei mehr Wind haben wir wegen der kleineren Welle keinen Nachteil gegenüber schwereren Teams. Mal schauen, wie das Event abläuft, aber unsere Erwartungen sind hoch 😊.“
49er: Jakob Meggendorfer und Andreas Spranger
- Alter: 27 und 26 Jahre
- Verein: Bayerischer Yacht-Club
- Trainer: Fabian Rieger
„Wir freuen uns riesig auf das Test Event, da es für uns die erste richtige Erfahrung im olympischen Format ist. Es sind ein bisschen mehr Starter dabei als bei Olympia, aber trotzdem tritt nur das beste Team pro Nation und Bootsklasse an. Dadurch muss man sich quasi dauerhaft in einer sehr hochkarätigen Goldfleet behaupten.
Wir wollen hier enorm viel mitnehmen – weniger platzierungstechnisch als bei der anstehenden WM oder EM, sondern möglichst viel von den olympischen Besonderheiten: Wir leben hier mit dem ganzen deutschen Team in einem Hotel, sind in einem Extra-Hafen, es gibt deutlich mehr Vorschriften, was du mit in den Hafen nehmen darfst, es gibt einen Security Check, eine Akkreditierung… all diese Erfahrungen wollen wir sammeln, um uns bestmöglich auf die Spiele nächstes Jahr vorzubereiten. Im deutschen Team versuchen wir jeden Tag einen Wissenstransfer herzustellen und uns auszutauschen. Es sind einige dabei, die schon Erfahrung bei den Olympischen Spielen haben, was uns auf alle Fälle helfen wird.
Das Revier ist sehr schön, es ist warm, die Kulisse mit den Bergen, der Stadt und der Insel vor dem Hafen ist beeindruckend. Aber es ist sehr anspruchsvoll, von 5 bis 6 Knoten ablandigen, drehenden und schwer vorhersehbaren Winden bis zu 30 Knoten Mistral kann alles dabei sein. Man muss in Marseille ein ziemlich guter Allrounder sein, das spielt uns in die Karten.“
49er FX: Marla Bergmann und Hanna Wille
- Alter: 21 und 22 Jahre
- Verein: Mühlenberger Segel-Club
- Trainer: Tom Saunt
„Da es für uns die erste Olympia-Kampagne ist, sind wir zunächst einmal gespannt, wie der Unterschied zu normalen Events ist… auf dem Wasser, aber auch an Land wird es sicherlich Unterschiede geben, die vielleicht auch die normale Regatta-Routine verändern könnten. Im Hinblick auf die Olympischen Spiele 2024 ist es dementsprechend sehr wichtig, diese Erfahrung zu machen und wir freuen uns sehr darauf!“
Formula Kite Männer: Florian Gruber
- Alter: 29 Jahre
- Verein: Norddeutscher Regatta Verein
- Trainer: Jan-Hauke Erichsen
„Das Test Event gibt mir Gelegenheit, viel Zeit im olympischen Revier zu verbringen. Marseille kenne ich schon, wir hatten hier schon einen Sailing World Cup und zwei Coaches Regatten. Dort bin ich gut zurechtgekommen, besonders bei Leichtwind liegen mir die schwierigen Wasser- und Windbedingungen hier. In der Bucht von Marseille herrscht sehr viel Schiffsverkehr, wodurch das Wasser sehr turbulent ist. Für uns Kiter sicherlich eine der größten Herausforderung, auf die wir uns einstellen müssen.
Ich freue mich, hier mit dem ganzen deutschen Team zu sein. Es ist immer ein schönes Erlebnis, den anderen olympischen Segelklassen zuzuschauen und sich auszutauschen. Die kommenden zwei Wochen werden sicher eine super Zeit. Ich gehe positiv in das Event rein und dann läuft es auch immer ganz gut.“
Formula Kite Frauen: Leonie Meyer
- Alter: 30 Jahre
- Verein: Norddeutscher Regatta Verein
- Trainer: Jan-Hauke Erichsen
„Ich konnte wegen einer umfangreicheren OP meines kleinen Sohnes erst kurz vor dem Event anreisen. Das Timing ist sehr eng, aber ich freue mich auf das Test Event. Für mich ist es eine wichtige Gelegenheit auszuprobieren wie es ist, in einem kleinen Feld mit nur einer Kiterin pro Nation zu racen. Das dürfte bei uns einen großen Unterschied machen, weil vor allem England und Frankreich so viele starke Fahrerinnen haben. Ansonsten geht es darum, das Revier Marseille auszutesten. Das ist für uns Kiter ja manchmal tricky, weil der Wind am Strand ein ganz anderer ist als draußen auf dem Wasser – oder gar nicht vorhanden. Ich war noch nie bei olympischen Spielen und noch nie bei einem Test Event und bin einfach gespannt, was uns da erwartet.“
Nacra 17: Paul Kohlhoff und Alica Stuhlemmer
- Alter: 28 und 23 Jahre
- Verein: Kieler Yacht-Club
- Trainer: Marcus Lynch
„Das Olympische Test Event bringt uns einen großen Schritt näher Richtung Paris 2024. Wir freuen uns total auf die kommenden zwei Wochen, unsere Erfahrungen aus den letzten Monaten gegen die besten Teams der Welt auf dem Olympiarevier zu testen. Natürlich wollen wir hier performen. Trotzdem liegt der Fokus darauf, weiter zu lernen und die richtigen Schlüsse für unserer Training in den kommenden Monaten zu ziehen.“
Olympic Test Event: Zeitplan der Regatten
- bis 14. Juli: Formula Kite Männer und Frauen
- bis 15. Juli: ILCA 6 und ILCA 7, 470er
- bis 16. Juli: iQFOiL Männer und Frauen, 49er und 49er FX, Nacra 17
Hier findet ihr die offizielle Event-Seite: https://paris2024.sailing.org/