Unsere Seglerinnen und Segler für Tokio

Die 470er-Weltmeisterschaft im März war die letzte noch ausstehende Qualifikationsregatta für die Olympischen Spiele in Japan. Wir stellen Ihnen die deutschen Seglerinnen und Segler vor, die die Qualifikationsbedingungen für die Olympia-Teilnahme erfüllt haben.

Die Medaillen-Könner: Erik Heil und Thomas Plößel (49er)

Erik Heil und Thomas Plößel
Erik Heil und Thomas Plößel. Foto: segel-bilder.de

Sie sind die erfahrensten und erfolgreichsten 49er-Akteure im German Sailing Team und haben den deutschen Segelsport mit Olympia-Bronze 2016 schon einmal jubeln lassen. Seit 19 Jahren sitzen sie in einem Boot, lernten das Segeln gemeinsam im heimischen Tegeler Segel-Club. Jetzt nehmen Erik Heil und Thomas Plößel zum zweiten Mal Kurs auf Olympia. Mit WM-Silber 2019 und WM-Bronze 2020 haben die Berliner nicht nur die umkämpfte nationale Ausscheidung souverän für sich entschieden, sondern auch ihren Medaillenanspruch für die olympische Regatta vor Enoshima eindrucksvoll untermauert.

Seglerisch agieren die beiden 49er-Asse so synchron wie kaum ein anderes internationales Team. Die Charakteristika des japanischen Olympiareviers von Enoshima scheinen den für den Norddeutschen Regatta Verein startenden Skiff-Akrobaten wie auf den Leib geschneidert: Die Gewässer, in denen fast alle Bedingungen herrschen können, kommen den Allroundern mehr als entgegen. Entsprechend hoch ist ihr Anspruch. Steuermann Erik Heil, für den die Olympischen Spiele „der- wichtigste Wettbewerb und das größte Ziel eines Seglers“ bedeuten, benennt das gemeinsame Ziel klar und selbstbewusst: „Silber- oder Goldmedaille.“

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Die Beharrliche: Svenja Weger (Laser Radial)

Svenja Weger
Svenja Weger, Foto: DSV/Lars Wehrmann

Sie ist erfahren, ehrgeizig und vor allem beharrlich: Svenja Weger hat den deutschen Nationenstartplatz für ihre Disziplin der Einhandjollen für Frauen bereits 2018 bei der Weltmeisterschaft in Aarhus gesichert. Im Oktober 2020 nahm die Steuerfrau vom Potsdamer Yacht-Club mit Platz 8 bei der Laser-Radial-EM im polnischen Revier vor Danzig die letzte Hürde auf Kurs Enoshima.

Die in Heidelberg geborene Europameisterin von 2014 und EM-Vierte von 2017 gilt als ruhig und sehr fokussiert. Die verpasste Qualifikation für die Olympischen Spiele 2016 hat die inzwischen von einer Leichtwindspezialistin zur Allrounderin gereifte junge Frau lange weggesteckt. Ihr Fokus liegt jetzt auf Tokio und den Bedingungen vor Ort. „Das Revier ist unvorhersehbar, äußerst wechselhaft und sowohl wind- als auch wellentechnisch höchst anspruchsvoll.“ Die komplexe Herausforderung gefällt der Wahl-Kielerin: „Tendenziell liegen mir diese Bedingungen, weil ich dort meine Vorwind-Stärke bei viel Welle gut ausspielen kann“.

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Der Weltmeister: Philipp Buhl (Laser Standard)

Philipp Buhl
Philipp Buhl. Foto: DSV/Lars Wehrmann

Schon oft hat er bewiesen, dass er bei großen Titelkämpfen Medaillen holen kann. Zuletzt Anfang 2020, als er vor Melbourne die Weltmeisterschaft gewann. Mit diesem Coup läutete Philipp Buhl die Olympia-Saison optimal ein, schrieb nach zweimal WM-Bronze (2013, 2018) und einmal WM-Silber (2015) mit seiner Goldmedaille als erster deutscher Laser-Weltmeister ein Stück Segelsportgeschichte. Eines seiner beiden großen Ziele hat der Sonthofener Buhl damit erreicht. Das zweite Ziel – die olympische Medaille – hat er jetzt im Visier. Nach knapp verlorener nationaler Qualifikation vor den Olympischen Spielen 2012 und glückloser Olympia-Premiere 2016, wo er das Finale der Top-Ten verpasste, zählt Philipp Buhl nun mit seinem Titel und seiner Erfahrung auf jeden Fall zum Kreis der Medaillenanwärter. Die Verschiebung der Olympischen Spiele auf 2021 hat Buhl weniger getroffen als andere. „Meine innere Zufriedenheit, die sich mit dem WM-Sieg eingestellt hat, hat mir sehr geholfen.“ Sein Motto: „Du kannst nahezu alles erreichen, was du wirklich willst. Du musst es nur auch wirklich wollen.“ Der Segelclub Alpsee-Immenstadt ist bis heute sein Heimathafen, zugleich ist Buhl inzwischen auch Mitglied im Norddeutschen Regatta Verein.

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Die Jägerinnen: Tina Lutz und Susann Beucke (49er FX)

Tina Lutz und Susann Beucke
Tina Lutz und Susann Beucke. Foto. DSV/Lars Wehrmann

Sie sind leidenschaftliche Skiff-Seglerinnen, unter Segeln blitzschnell unterwegs und sie jagen ihren olympischen Traum. Tina Lutz (Chiemsee Yacht-Club) und Susann Beucke (Norddeutscher Regatta Verein) konnten 2020 mit dem dritten Kieler-Woche-Sieg nach 2013 und 2016 das nationale Duell um die Olympia-Fahrkarte im Frauen-Skiff deutlich für sich entscheiden.

Seit 2007 sitzt das süd-norddeutsche Duo erfolgreich in einem Boot. „Als Team ist unsere größte Stärke unsere Diversität. Tina ist gut in den Dingen, die mir schwerfallen. Und umgekehrt“, sagt Susann Beucke. Im 470er segelten Lutz/Beucke 2012 schmerzlich knapp an der Olympia-Qualifikation vorbei, stiegen anschließend in die neue olympische Disziplin 49er FX um und verliebten sich auf Anhieb in den rasanten Gleiter. 2016 mussten sie sich in ihrer zweiten Olympia-Ausscheidung geschlagen geben – doch sie blieben dran. Und sie blieben stark. Nur ein Jahr später rasten sie im Heimatrevier vor Kiel in stürmischen Winden zum hart erfochtenen und umjubelten EM-Titel. „Wir sind in den vergangenen Jahren durch alle Höhen und Tiefen gegangen. Das hat uns zusammengeschweißt“, erklärt Tina Lutz den Erfolg der beiden. Beuckes persönliche Zielsetzung für Tokio: „Ich würde Tina gerne am Ende der Olympischen Spiele mit dem Wissen umarmen, dass wir alles getan haben, was wir uns vorgenommen haben.“

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Die Kämpfer: Paul Kohlhoff und Alica Stuhlemmer (Nacra 17)

Paul Kohlhoff und Alica Stuhlemmer
Paul Kohlhoff und Alica Stuhlemmer. Foto: Felix Diemer

Sie segeln im gemischten Doppel in der aktuell schnellsten olympischen Bootsklasse Nacra 17 und ergänzen sich perfekt: Denker und Lenker Paul Kohlhoff und seine dynamisch-athletische und maximal fokussierte Vorschoterin Alica Stuhlemmer.

Für Paul Kohlhoff ist es bereits die zweite Olympiateilnahme. 2016 war er in Rio mit einem Last-Minute-Ticket als jüngster Steuermann mit Carolina Werner auf Platz 13 gesegelt, hatte sein Team anschließend mit Alica Stuhlemmer neuformiert.

Dass die beiden nach einer krankheitsbedingten längeren Auszeit von Paul 2017/18 bei der Testregatta vor Enoshima 2019 Platz 6 erzielten, ist dem Kampfgeist und der Willensstärke des Mixed-Teams zuzuschreiben. Mit dem dritten Platz bei der Kieler Woche und Platz 10 bei der EM in Österreich sicherte sich das Duo vom Kieler Yacht-Club im vergangenen Jahr die Aussicht auf das Olympia-Ticket.

Die Olympische Spiele bedeuten beiden „alles“. Alica Stuhlemmer sagt: „Ich kann mich nicht erinnern, wann ich angefangen habe, davon zu träumen. Die Spiele jetzt in greifbare Nähe rücken zu sehen, das ist unglaublich.“ Paul Kohlhoff sagt: „Wir möchten die große olympische Chance nach einem turbulenten Zyklus nutzen, um weniger Fehler zu machen als in Rio und vorne mitspielen zu können.“

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Die Blitzstarterinnen: Luise Wanser und Anastasiya Winkel (470er Frauen)

Luise Wanser und Anastasiya Winkel
Luise Wanser und Anastasiya Winkel. Foto: Uros Kekus Kleva

Sie segeln erst seit einem Jahr zusammen: Luise Wanser und Anastasiya Winkel. Corona und die Verschiebung der Olympischen Spiele führten dazu, dass beide letztes Jahr auf der Suche nach einer neuen 470er-Partnerin waren, als sie sich im NRV Olympic Team kennenlernten. Sie ergriffen die Chance und wurden schnell ein harmonisches Team mit dem einen Ziel: die Qualifizierung für Tokio.

Zuvor waren beide bereits mit anderen Teampartnerinnen im 470er erfolgreich: die erst 23-jährige Luise Wanser, Junioren-Weltmeisterin und Vize-Europameisterin 2019, die am Bundesstützpunkt Nachwuchs in Warnemünde trainierte, und Anastasiya Winkel, die 2019 Mitglied des Perspektivkaders im 470er die Silbermedaille beim Weltcup in Miami holte.

Nach vielen Monaten ohne Wettkämpfe wurde nun im März die Qualifikation der 470er-Frauen aufgrund der Corona-Beschränkungen in nur einer einzigen Regatta entschieden. Die Entscheidung fiel im Medaillenrennen: Mit einem Punkt Vorsprung beendeten Luise Wanser und Anastasiya Winkel die Weltmeisterschaft in Portugal als Neunte vor Theres Dahnke und Birte Winkel.

Für Luise ist damit „ein Kindheitstraum“ in Erfüllung gegangen. Und ihr Ziel für die Olympischen Spiele steht fest: „Wir wollen bei Olympia eine Medaille für Deutschland gewinnen. Dafür arbeiten wir.“

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